Interview zum Bibliothekstag der Offenem Tür im alten Rathaus Bad Kösen am 29.9.2024
Ja, das sehen wir genauso. Wir haben einen großen Aufwand getrieben, auch viele Flyer und Plakate verteilt, aber der Erfolg gibt uns recht. Das Rathaus, d.h. alle derzeitig hergerichteten Räume – nicht nur die der Bibliothek – waren geöffnet und gut „bevölkert“. Und natürlich wurden viele Fragen, auch über die Bibliothek hinaus gestellt.
Die Bibliothek wird vom Heimatverein betrieben – haben Sie inzwischen genügend Mitarbeiterinnen:
Da muss ich etwas richtig stellen. Nur ein kleiner Teil unserer Mitarbeiter und -innen ist gleichzeitig im Heimatverein. Der Verein hat zu wenig Mitglieder, um neben den zahlreichen anderen Aufgaben die für die Sicherstellung unserer regelmäßigen Öffnungszeiten notwendigen Engagierten zu gewinnen. Die Meisten sind nicht im Heimatverein, sondern nur in der Bibliothek engagiert, setzen sich aber dort mit ganzer Kraft ein, wie der Sonntag wieder beeindruckend zeigte.
Der überwiegende Teil der Mitarbeiter:innen ist im Rentenalter. Die Mitarbeit ist also anders als bei bezahlter Arbeit völlig freiwillig. Die Diensteaufteilung und „Wer macht Was?“ muss also in enger Abstimmung zwischen den Mitwirkenden und völlig ohne Mithilfe durch den Heimatverein geschehen – und das funktioniert bei ausgesprochen gut.
Sie haben also am Sonntag keine neuen Mitarbeiterinnen gesucht:
Wir haben den Sonntag genutzt, um neue Leser:innen zu gewinnen und mit unserem erweiterten Angebot bekannter zu machen. Das ist gut gelungen – etliche neue Leser im Erwachsenen- als auch im Kinderbereich konnten gewonnen werden, so viele Ausleihen wie an diesem Tag gabs noch nie. Daneben haben wir mit unserem kompletten derzeitigen Angebot bekannt gemacht. Neben der Buchausleihe – Buchlesungen, die Weiterbildung für Senioren bezüglich Smartphone und Tablettnutzung und vielen damit in Zusammenhang stehenden Fragen. Das wollen wir zukünftig monatlich anbieten. Letzten Monat hatte der MDR dabei Filmaufnahmen gemacht, die in der Mediathek abrufbar sind.
Ein Mitarbeiter, sonst häufig als Fremdenführer unterwegs, stand für alle Fragen, die Geschichte Kösens betreffend, Rede und Antwort und konnte auch anhand historischer Karten manche geschichtlichen Details erhellen.
Die Digitalisierung der Bibliothek steckt noch in den Kinderschuhen und könnte noch engagiertes „Wissen wie“ gebrauchen. Aber für weitere interessante, wenig zeitkritische ehrenamtliche Aufgaben im Rathaus, aber außerhalb der Bibliothek werden noch Mitstreiter:innen gesucht, sprechen Sie uns einfach an.
Auch einen gut besuchten Flohmarkt habe ich beobachtet:
Neben unseren gut gefüllten Ausleihregalen haben wir auch aus diversen Gründen überzählige Bücher, von denen wir eine nicht unerhebliche Anzahl an den Mann/die Frau bringen konnten. Renner waren aber auf jeden Fall alte, jedoch druckfrische regionale Bücher, Broschüren und historische Kartennachdrucke, die für kleines Geld verkauft wurden, um die privat gekauften Kuchen und Kaffee wenigstens anteilig zu vergüten.
Haben Sie über genanntes Zubrot hinaus Einnahmen, die Sie für Bücherkäufe oder andere unumgänglich Ausgaben wie Reinigung u. ä. einsetzen können?
Die bei vielen anderen Bibliotheken übliche Jahresgebühr von 10 € oder etwas darüber, die allerdings auch dort meines Wissens nie kostendeckend sind, können wir hier nicht einsammeln. Wir können auch aus weiteren Gründen keine großen Sprünge machen und sind völlig auf Spenden angewiesen. Wir mussten uns im Gegenzug allerdings auch nicht von außen vorgegebenen Konzepten unterordnen, die der Freiwilligkeit einen großen Abbruch tun würden.
Durch unser Engagement gelang es uns, auch erst sehr kurzfristig und lange nachdem die Plakate für den heutigen Tag gedruckt waren, die zwei Ausstellungen zu teils unbequemem baulichem Erbe in der Umgebung einerseits sowie die zu Nitzsche andererseits ins Rathaus zu holen. Eine feierliche Eröffnung gab es am vorherigen Ausstellungsort, der DieDAS in Saaleck.
Wie wir hier weiterverfahren ist noch nicht genau festgelegt. Auf jeden Fall werden beide Ausstellungen immer während der Bibliotheksöffnungszeiten Dienstags je 9:30 bis 11:30 und Donnerstags 17:00 bis 19:00 Uhr außer Feiertags zu besichtigen sein.
Frau Scherch. Ihre Liebe gehört ganz offensichtlich der Kinderbibliothek. Durch Ihr Engagement in Kindergärten und Schule können sie für Kleine und Mittlere auch ein Programm bereithalten, das weit über die Bereitstellung von altersgerechtem Lesestoff hinausgeht. Was ist Ihre Motivation?
Ich habe 35 Jahre als Lehrerin gearbeitet und dabei erlebt, wie wichtig es ist, Kinder frühzeitig an Bücher heranzuführen. In der heutigen schnelllebigen Zeit finde ich es besonders wertvoll, ihnen mit der Bibliothek einen Ort der Ruhe und Entspannung zu bieten.
Beim Vorlesen sehe ich, wie ihre Augen leuchten, und das motiviert mich jeden Tag aufs Neue. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, die wunderbare Welt der Bücher zu entdecken und ihre Fantasie zu entfalten. Es ist schön zu sehen, wie Bücher dabei helfen, dass Kinder sich persönlich weiterentwickeln und ihre Neugierde wächst.
Herr Hein – Sie haben sich vom Abwartenden zum ideellen Unterstützer entwickelt. Was ist passiert?
Ich möchte hervorheben, für die Bibliothek hat sich ein ausgesprochen freundliches, engagiertes Team gefunden, in dem das „Wir! Für die Idee“ ganz groß geschrieben wird. Jeder bringt sich im Rahmen seiner Fähigkeiten ein. Kritik und neue Ideen sind immer willkommen. Sie helfen, noch besser zu werden und dabei kann ich unterstützen.
Mir sind aus der Vergangenheit mehrere Anläufe des Heimatvereins in Erinnerung, das Rathaus zu kaufen, zu mieten oder jedenfalls einvernehmlich zu nutzen, denn Besitzer ist doch nach wie vor die Stadt Naumburg?
Das ist ein langes Kapitel, das vor vielen Jahren begann, inzwischen einen ganzen Ordner füllt und bereits mehrere Bürgermeister diesseits und jenseits von Schulpforte bislang ergebnisarm beschäftigt hat. Immerhin haben wir genügend Zusagen, die unsere Aktivitäten im Rathaus nicht nur rechtfertigen, sondern regelrecht fordern.
Im Gegensatz zu Kurmittel- und Badehaus, deren perspektivische Nutzung völlig unklar ist und nur durch ein löbliches Zwischenstrohfeuer dieses Jahr kurzzeitig erhellt wurden, sind wir im alten Rathaus dabei, langfristige Nutzungen zu organisieren.
Dass wir das trotz nicht ausreichender Bausubstanz und bislang ohne bauliche Förderung durch den Hausbesitzer (von der löblichen Übernahme der nicht unerheblichen Betriebskosten abgesehen) schon so weit geschafft haben, grenzt fast an Wunder.
Während wir von Teilen der Naumburger Verwaltung moralischen Beistand erhalten, scheint es auch dort Skeptiker zu geben – sehr positiv formuliert. Dass die Ratskasse zu viele Löcher hat, ist uns dabei durchaus bewusst, für die Entwicklung tragfähiger Lösungen gab es sicher schon geeignetere Zeitpunkte.
Wir werden unserer Projekt jedenfalls mit Mut und Durchsetzungsvermögen weiterzuführen versuchen! Glücklicherweise sind alle Kösener Vereine, soweit es sie betrifft und auch der neugewählte Ortschaftrat auf einer gemeinsamen Wellenlänge!